Română / English
Deutsches Staatstheater Temeswar

Interview mit dem Schauspieler Marc Illich: “Das Stück TSCHICK ist so wie ein Roadmovie, eine Abenteuerfahrt.”

11. Januar 2023

Marc Illich ist in Feldkirch, Österreich geboren und aufgewachsen. Sein künstlerischer Werdegang begann in der Studienzeit in Wien mit dem dortigen Studententheater STUTHE. Er war langjähriges Mitglied im Improvisations-Ensemble Quintessenz und in der freien Gruppe Studio Null Sieben, bevor er 2021 seine Ausbildung an der Schauspielakademie Elfriede Ott absolvierte. Er arbeitete in Wien vor allem mit Peter Gruber bei den Nestroy Spielen Schwechat und Bruno Max am Theater SCALA. Seit der Spielzeit 2022/23 ist er festes Ensemblemitglied am DSTT und außerdem freies Mitglied der Wiener Gruppe Ensemble Ehrlos.


Oana Vidoni: Vor kurzem habe ich einer Freundin von mir erzählt, dass wir einen neuen Kollegen im Ensemble haben, der aus Wien nach Temeswar gekommen ist. Und dabei meinte sie: Wie kann man denn Wien für Temeswar verlassen? Und da habe ich mir gedacht, diese Frage genauso von ihr zu übernehmen. Was hat dich denn hierher geführt?


Marc Illich: Tatsächlich habe ich diese Frage auch schon oft gestellt bekommen, Also wie ich von Wien nach Temeswar kommen kann, sozusagen. Und ohne jetzt zu wissen, was deine Freundin genau meint, also die Stadt oder die Kulturszene, mich hat eigentlich der Zufall hierher geführt. Also ich habe mich bei verschiedenen Theatern beworben. Ich wusste, dass es ein deutsches Theater hier gibt. Und ich muss sagen, ich hatte schon immer eine Faszination für Osteuropa und ich habe auch immer gern slawische Sprachen, aber auch Rumänisch gehört. Irgendwie habe ich mir dann schon beim Bewerben gedacht, das wäre eigentlich cool, weil ich sehr gerne im Ausland wohnen würde. Aber man ist meistens als Schauspieler eher im deutschsprachigen Raum so ein bisschen gefangen. Also ich würde jetzt nicht einfach so nach England gehen und als Schauspieler arbeiten wollen, deswegen hat sich das irgendwie gut ergeben, dass ich so beides machen kann.


Oana Vidoni: Unsere Zusammenarbeit begann ja im September mit der Produktion Der Kirschgarten in der Regie von Volker Schmidt, wo du den Trofimov interpretierst. Sag uns mal kurz, wie diese erste Erfahrung DSTT für dich war.


Marc Illich: Also ich weiß noch ziemlich genau, wir haben ja die Proben auch irgendwie chronologisch strukturiert, entlang des Stücks quasi. Und dadurch, dass Trofimov erst am Ende des ersten Aktes auftritt, bin ich erst nach drei oder vier Probetagen dazugekommen. Und das war irgendwie voll spannend, weil ich da schon gesehen habe, dass total viel da war. Und ich habe gesehen, wie ihr miteinander spielt. Und ich war total verblüfft irgendwie. Ich habe sofort gespürt, dass ihr euch gut kennt und dass ihr es gewohnt seid, miteinander zu spielen. Und das fand ich also dadurch, dass ich vorher in der freien Szene war und irgendwie immer mit anderen Leuten gespielt habe, extrem schön zu sehen. Und für mich war es auch total schön, dass mein erstes Stück quasi hier mit einem Wiener Regisseur trotzdem war. Also es gab noch irgendwie so eine Verbindung mit Zuhause.


Oana Vidoni: Kurz nach dem Kirschgarten, hast du dann die Rolle des Erzählers in der Wiederaufnahme der Inszenierung Das Dschungelbuch in der Regie und Choreografie von Razvan Mazilu übernommen. Hast du schon davor in Musicals gespielt?


Marc Illich: Weil du vorher Quintessenz erwähnt hast, also das Impro Ensemble, wir haben mal ein improvisiertes Musical gemacht bei einem Festival, was wirklich heftig war. Ich weiß jetzt auch nicht, ob es besonders gut war, aber wir haben auf jeden Fall Trainer aus London auch eingeladen nach Wien, um mit uns zu arbeiten, die wirklich toll waren. Also, die machen selber auch nur improvisierte Musicals in London. Showstopper heißen die. Und das war meine einzige wirkliche Musical Erfahrung sozusagen. Ich kenne das, dass man so auch singt, natürlich auf der Bühne, aber das war schon was ganz Eigenes.


Oana Vidoni: Und wie war die Arbeit mit Răzvan und deine Erfahrung mit dieser so vom Publikum beliebten Inszenierung?


Marc Illich: Răzvan arbeitet total anders als Volker und sein Stil ist auch ganz anders. Deswegen war das so cool, gleich sowas komplett Konträres auch kennenzulernen. Ich bin ja eine Umbesetzung und somit hatte ich einerseits einen großen Vorteil, weil es schon Aufzeichnungen gab, und es wurde schon sehr viel Vorarbeit für mich quasi gemacht. Aber es gab natürlich auch Herausforderungen, also wie kann ich diese Rolle füllen, ohne dass ich nur kopiere und was kann ich vielleicht eigenes hinzugegeben?


Oana Vidoni: Ich finde es schon sehr speziell, wie das Publikum auf diese Inszenierung reagiert. Und ich weiß, dass wir das Gespräch auch damals hatten, nach der Premiere, weil ich spüre, dass diese Energie im Publikum echt nur nach einem Musical irgendwie zu erleben ist. Also das finde ich ganz, ganz speziell.


Marc Illich: Ich glaube auch, dass Musik auch einfach so eine ganz eigene Ebene ist, die die Leute total wahnsinnig unmittelbar und direkt anspricht. Und ich habe auch mal gehört, ich weiß nicht, ob das stimmt, aber dass wenn man Musik hört oder Gesang, vor allem, dass die eigenen Stimmbänder mitschwingen und ich weiß jetzt nicht, ob das wirklich nur von der Schwingung her kommt oder weil man selber auch irgendwie mitsingen will, was auch immer. Ja, aber das fand ich schon ziemlich cool.


Oana Vidoni: Nun spielst du die Titelrolle in Wolfgang Herrndorfs Tschick in der Regie von Irisz Kovacs, dem Bühnenbild von Clara Ștefana und der Musik von Adrian Piciorea, einem sehr jungen Künstlerteam, dem sich unsere Kollegen Robert Bogdanov, Schein, Alma Diaconu, Ioana Iacob und Alex Mihaescu anschließen. Die Inszenierung feiert Premiere am 12. Januar. Der Text war 2014-2015 einer der meistgespielten Texte im deutschsprachigen Raum. Was kannst du uns verraten? Worauf soll sich denn das Publikum einstellen?


Marc Illich: Es ist natürlich so wie ein Roadmovie, quasi eine Abenteuerfahrt. Ich glaube, es wurde auch mal verglichen mit der Odyssee oder einer jugendlichen Odyssee sozusagen. Also es ist echt so. Es gibt wahnsinnig viele Schauplätze und die Figuren werden so von einem Abenteuer ins nächste geschmissen und ich glaube, das ist schon was ganz Eigenes. Also ich finde das auch wahnsinnig schwierig, auf die Bühne zu bringen, ehrlich gesagt und bewundere sehr den Mut von Irisz Kovacs, dass sie das machen will. Und ich glaube, es ist wirklich so, obwohl es ein Jugendstück ist, dass sich jeder angesprochen fühlen kann von dem Stoff.


Oana Vidoni: Was ist denn dein Lieblingsmoment in dem Stück?


Marc Illich: Alex Mihăescu und Ioana Iacob spielen ja mehrere Nebenrollen. Also die haben ganz viele unterschiedliche Kostüme, tauchen immer wieder auf. Im Unterschied zu unseren Rollen, also Maik und Tschick, die Hauptfiguren sind, sind sie Wesen, Karikaturen aus unserer Erinnerung, die irgendwie erzählt werden oder auftauchen. Die zwei können sich da voll austoben und es ist wahnsinnig schwierig, nicht zu lachen. Ich liebe es, ihnen zuzuschauen, wie wahnsinnig einfach sind. Ich freue mich so, dass wir da so lustvoll miteinander spielen können, dass ich das auch so genießen darf. Die Frau mit dem Feuerlöscher, wenn ich das verraten darf, ist glaube ich, mein Lieblingsmoment.


Oana Vidoni: Marc, du bist ja in Temeswar schon seit ein paar Monaten und hast schon zwei Theaterfestivals miterlebt - das TESZT-Festival und unser Eurothalia-Festival. Du hast auch ein paar Inszenierungen von uns gesehen, auch von anderen Theatern, und kennst schon mittlerweile den Puls der Stadt sozusagen. Welche sind deine Gedanken zu Beginn des Kulturhauptstadt Jahres und wieso würdest du Temeswar Freunden oder Bekannten empfehlen?


Marc Illich: Obwohl ich jetzt mich schon eingelebt habe und mich wirklich hier wie zu Hause fühle, kenne ich natürlich die Kulturgeschichte und Kulturszene noch recht wenig. Ich finde, dass man wirklich spürt, dass es so ein Schmelztiegel ist, so ein melting pot immer gewesen ist, offenbar. Ich finde, man spürt diese lange Geschichte verschiedener Kulturen und Sprachen miteinander, mit allem, was das beinhaltet. Und ich finde, das wird auch irgendwie noch schön gelebt. Das finde ich extrem spannend und ich empfehle es meinen Freunden, weil ich natürlich hoffe, dass sie mich besuchen kommen. Es hat einen ganz eigenen Flair. Also man kennt ja, es hat irgendwie was k. u. k. - mäßiges. Es hat auch wahrscheinlich was sehr rumänisches, osteuropäisches und es hat was total modernes und aktuelles. Ich finde, es ist diese Diversität - ein großes Wort in Zeiten wie diesen - die, finde ich, spürt man hier, ohne dass es jetzt irgendwie forciert wird. Es ist einfach da. Also ich könnte mir schon vorstellen, hier auch länger zu bleiben, weil mich das wirklich so viele Leute gefragt haben. Vielleicht gibt es ein gewisses Bild von Wien, das man hat und das hat auch seinen Grund wahrscheinlich, aber, ich finde, hier ist es sehr viel entspannter. Das hat schon auch seine Qualitäten. Auch wenn jetzt hier vielleicht nicht dieses Kulturangebot da ist, wie zum Beispiel in Wien oder so, es ist gut genug. Also, es ist wirklich ein schöner Ort hier und das haben mir auch schon alle bestätigt, die mich hier besuchen waren aus Wien. Also, man braucht sich überhaupt nicht schämen für Temeswar.

Die letzten Nachrichten

#sicheresTheater